Redebeitrag zum Ausbau der Südallee, Stadtratssitzung 21.07.2023

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,

bei dem vorliegenden Beschluss geht es um die Südallee, die ab der Jahrhundertwende als repräsentative Nord-Südachse mit hoher Gestaltungs- und Aufenthaltsqualität angelegt wurde.

Mittlerweile hat sie ihren stadtbildprägenden Charakter verloren und soll daher aufgewertet und neu gestaltet werden. Bereits im Jahr 2012 haben wir mit allen Fraktionen einen Antrag zur Festlegung der Nord-Süd-Fahrradroute gestellt. 2012 und 2014 folgten dann unsere Anträge zur Umsetzung einer Fahrradstraße Südallee.

Im Juli 2016 konnte über das Bund-Länder-Programm „Aktive Stadtzentren“ das städtebauliche Entwicklungskonzept zur Entwicklung der Südallee zu einem multifunktionalen Stadtraum, der nicht nur der Erschließung, sondern insbesondere auch dem Aufenthalt und der Begegnung dienen sollte, vom Stadtrat einstimmig beschlossen werden.

2018 fand ein nicht offener freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb statt.
Planer:innen aus verschiedenen deutschen Städten nahmen teil. Ein Wettbewerb ist der bestmöglichste Weg, um unterschiedliche Alternativen für bedeutsame städtebauliche Vorhaben oder die Freiraumplanung zu finden.

Zentrales Anliegen war es, die Südallee ihrer Bedeutung gemäß gestalterisch und funktional aufzuwerten. Es soll ein attraktiver und lebenswerter öffentlicher Raum entwickelt werden, der sowohl den heutigen vielfältigen Nutzungsansprüchen als auch ihrer historischen Bedeutung innerhalb des Stadtgefüges gerecht wird.

Das Plangebiet soll in Zukunft barriereärmer, fußgänger- und fahrradfahrerfreundlicher sowie „grüner“ werden und sich durch eine zukunftsweisende, umweltfreundliche und quartiersverträgliche Mobilitätskonzepte auszeichnen.

Die vier Abschnitte, Friedrich-Ebert-Ring bis Roonstraße, Roonstraße bis Johannes-Müller-Straße, Johannes-Müller-Straße bis Ludwigstraße und der Bereich um die Kirche St. Josef zwischen Ludwigstraße und Schenkendorfstraße wurden bereits im Wettbewerb zur besseren Orientierung und Funktionalität differenziert behandelt.

Ziel war es, die Südallee unter Beachtung des gartenhistorischen Vorbilds als grüne Achse und Verbindung zwischen der Stadtmitte und der Südstadt zu stärken. Die Verkehrsführung beizubehalten, allerdings wird die Anwohnerstraße zur Fahrradstraße und zur Anliegerstraße! Parallel entstehen Flächen mit vielfältigen Aufenthalts und Bewegungsräumen. Pro Bauabschnitt sollen sukzessive Stellplätze reduziert werden, parallel werden Mobilitätsangebote wie Carsharing entstehen.

Am 1.12.2017 konnte man in der Rheinzeitung lesen:
Neugestaltung der Südallee:

Bürger wollen Radweg und mehr Grün – Die Südallee soll schöner werden.
Zitat: „Wie konkret die Neugestaltung der maroden Verbindung zwischen Südlicher Vorstadt und Zentrum künftig aussehen soll, das können die Bürger und Bürgerinnen mitbestimmen.“
Parallel gab es 2017 im Zeitraum vom 12. Juni bis 10. Juli eine Online – Bürgerbefragung.
„Gestaltungsideen Südallee“.
Teilgenommen haben 329 interessierte Bürgerinnen und Bürger.

Die Ergebnisse wurden von der Kommunalen Statistikstelle aufbereitet:
Ergebnis: Verkehrsnutzung Seite 9 und 10

Für welche Verkehrsnutzung sollte die Südallee hauptsächlich ausgelegt sein?
Fußgehende 88 %, Radfahrende 86 % Autos 15 %
Ergebnis: Eigene Nutzung, Seite 11

Wie nutzen Sie hauptsächlich die Südallee?
Fußgehende 42 %, Radfahrende 43 % Autos 10 %
In einem ersten Workshop im Juni 2017 sammelte der für das Projekt zuständige städtische Eigenbetrieb Grünflächen und Bestattungswesen mit rund 70 Teilnehmern Defizite und Wünsche.
Danach standen bei einem Folgeworkshop Lösungsansätze im Mittelpunkt, die im Planungswettbewerb 2018 die Grundlage für die „neue“ Südallee bilden sollten.

Nach dem Entwurf von Stübben 1889 war die Südallee eine der großzügigsten Straßen der Vorstadt und hieß damals noch Kaiser-Friedrich-Straße.

1910 wurde der Straßenquerschnitt durch Otto Nebel verändert, dies geschah auch später immer wieder. Ähnlich verhielt es sich mit den Bäumen. Damals gab es in der Südallee, Kugel-Ahorn, Krimlinden, Silberlinden, Platanen, Robinien.

Heute findet man nach wie vor die Silber-Linden (Tilia tomentosa), die Krim-Linde und Sommerlinden, in Richtung Friedrich-Ebert-Ring stehen im Wesentlichen Robinien. Dort wo die Robinien bereits in den letzten Jahren ausgefallen sind, wurden vereinzelt Ahorne nachgepflanzt, sowohl Berg- wie auch Spitzahorn. An den Kreuzungspunkten stehen die großen Platanen, gesunde Bäume, die selbstverständlich erhalten bleiben.

Um den Erhalt oder den Ersatz von Bäumen einschätzen zu können, wurde der gesamte Planungsbereich der Bäume untersucht, dabei wurde deutlich, was die Vergangenheit bereits gezeigt hat, die Robinien in der Südallee sind in einem schlechten Zustand. Zum einen neigen sie zum Ausbruch von Kronenteilen, zum anderen sind sie sehr stark anfällig für Stockfäulen.

Der starke Rückschnitt der Vergangenheit rührt daher, dass bei mehreren Bäumen große Kronenteile ausbrachen und daher die Bruchsicherheit nicht mehr gegeben war.

Parallel neigen diese Bäume zu Pilzbefall an den Wurzeln und verlieren ihre Standfestigkeit. Diese Robiniensorte macht nicht nur in Koblenz Probleme, auch andere Städte haben z.T. massive negative Erfahrungen gemacht und tauschen diese Bäume aus. Selbstverständlich muss auch immer die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger im Fokus stehen.

Ebenso wurde bei der Planung der gute Zustand der Linden um die Kirche St. Josef berücksichtigt, auch diese sollen erhalten bleiben. Von hier aus nach Norden verlaufend bis zur Johannes-Müller-Straße sollen auch die dortigen Linden, welche noch gesund sind, erhalten bleiben. Lediglich die Bäume, die bis zur Baumaßnahme an Vitalität verloren haben oder erkranken, werden wieder mit Linden ersetzt.
Vor der Fortführung der Baumaßnahmen in einen weiteren Straßenabschnitt, werden die betreffenden Bäume erneut auf ihren Gesundheitszustand und den Erhalt hin überprüft.

In den Bauabschnitten 1 und 2 befinden sich die in schlechtem Zustand befindlichen 52 Robinien und Ahorn. Diese müssen ersetzt werden. Die 144 neuen Bäume sind bereits 20 Jahre alt, sind 5-7 m hoch und haben einen Stammumfang von 45 cm.
Bei dem Vorort-Termin, kürzlich in der Südallee, erklärten die Planer, dass mit dem regelwerksgerechten Ausbau der Baumstandorte – also mehr durchwurzelbares Volumen, spezielles Baumsubstrat – ein nachhaltig gesunder und langlebiger Bestand der neuen Bäume garantiert werden kann.

Unter der Straße und dem Mittelstreifen liegen Versorgungsleitungen, die teilweise ebenfalls in keinem guten Zustand sind. Diese müssen erneuert werden.

Das ist der Grund, weshalb die Straße tiefer ausgehoben werden muss. Die Leitungen und Rohre werden erneuert und verlegt, um den neuen Bäumen deutlich mehr Raum im Wurzelwerk zuzubilligen, damit sie sich besser entwickeln und eine deutlich längere Lebenserwartung haben.
Die Prumus avium (Zierkirsche) – ist ein sogenannter Klimabaum – Gesund, frosthart, stadtklimafest, windstabil.

Die Krimlinde hat übrigens ganz ähnliche Qualitäten: Frosthart, wärmeliebend, stadtklimafest, hitze- und trockenheitstolerant, gesund (jedoch Rußtau), windfest. Sie sind außerdem robust gegen alte und neue Schaderreger, Bodenmilieuresistenz, Hitzebeständigkeit sowie Stadt- und Industriefest.
Die Baumscheiben sollen größer werden, damit die Bäume mehr Platz haben, daher werden die Parkplätze neu angeordnet. Gleichzeitig sollen Wildblumeneinsaaten Lebensraum und Nahrung für Insekten bieten.

Die Südallee wird über einen langen Zeitraum geplant, gebaut, gestaltet und es wird Zeit bleiben, die richtigen Entscheidungen für die Bäume in den einzelnen Bauabschnitten zu treffen und sie auf ihre Vitalität zu prüfen, die Anzahl zu erhöhen und wenn nötig zu ersetzen.

Der Gesamtbestand Stadtbäume Südallee liegt Stand heute (aktuell Juli 2023)
bei 130 Bäumen. Der Bestand Stadtbäume Südallee wird nach Ausbau lt. aktuellem Planungsstand Juli 2023: bei 257 Bäumen liegen.

Für uns ist die Neugestaltung der Südallee ein herausragendes städtebauliches Projekt.
Im Bestand wird ein verkehrsarmes Quartier geschaffen. Viele europäische Städte experimentieren mit Konzepten zur Verkehrsberuhigung. Neue Wohnsiedlungen werden autofrei bzw. autoarm geplant.
Koblenz gelingt das mit einem Innenstadt-Quartier, mit einer 1,2 Kilometer langen „grünen“ Straße, Fahrradstraße, Anliegerstraße – ein lebenswerter Raum – und das, wie gesagt, mitten in der Stadt!

Herr Oberbürgermeister,
wir werden zustimmen, haben allerdings noch einen Ergänzungsantrag, dieser liegt Ihnen vor.



Redebeitrag von Andrea Mehlbreuer, Ausschuss für Stadtentwicklung und Mobilität