Antrag der Ratsfraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE-PARTEI.: Digitale Beteiligungsformen und Bürger:innenräte als Mittel zur Erneuerung und Stärkung der Demokatie

Stadtratssitzung vom 2. Juni 2022

Beschlussentwurf:
Der Stadtrat möge beschließen:
Die Verwaltung wird beauftragt,

  1. den Einstieg in digitale Demokratie zu betreiben und hierzu bereits vorhandene und erprobte digitale Beteiligungstools auch in Koblenz neben und im Verbund mit bewährten Beteiligungsverfahren auszuprobieren und zu evaluieren und im weiteren Verlauf erforderlichenfalls zu optimieren;
  2. für eine bessere Beteiligung an Diskussionen und Entscheidungsprozessen einen Bürger:innenrat zu bilden: Jeder stattfindende Bürger:innenrat wird einzeln aus allen Koblenzer:innen neu ausgelost. Diese Räte haben eine beratende Funktion und sollen Handlungsempfehlungen an die Kommunalpolitik aussprechen. Hierbei kann nach dem Vorbild des Frankfurter Demokratiekonvents gehandelt werden. Zur Erprobung soll zunächst ein Modellversuch zu einem aktuellen Thema durchgeführt werden. Anschließend soll eine Evaluierung stattfinden mit dem Ziel, eventuelle weitere Bürger:innenräte zu optimieren;
  3. für diese Projekte die beratende Unterstützung von Vertreter:innen der Beteiligten des Fachtags zur Erneuerung der Demokratie in Anspruch zu nehmen.

Begründung:
Der vorliegende Antrag fußt auf die Ergebnisse des am 25. und 26. März 2022 in Koblenz auf dem Campus der Universität Koblenz-Landau stattgefunden ersten Fachtags zur Erneuerung der Demokratie. Der Fachtag wurde zusammen von der Partnerschaft für Demokratie der Stadt Koblenz (gefördert durch das Bundesprogamm „Demokratie leben!“) sowie dem Fachbereich 2: Philologie/Kulturwissenschaften und der Forschungsstelle Wissenstransfer der Universität Koblenz-Landau durchgeführt. Ziel war es, Ansätze neuer demokratischer Beteiligungsformen aus der Sicht der Wissenschaft und von Demokratieinitiativen zu erörtern und aus diesen Erkenntnissen und Erfahrungen einen Vorschlag für mehr Bürger:innenbeteiligung in Koblenz zu entwickeln. Als Grundlage hierfür dienten Inputs aus Wissenschaft und Praxis.

Die Teilnehmenden rekrutierten sich aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kommunalpolitik, Bildung und zivilgesellschaftlichen Initiativen aus Koblenz. Sie diskutierten, was in Koblenz für mehr demokratische Beteiligung getan werden kann und wie die Ideen konkret in Koblenz umgesetzt werden können. Insbesondere waren der Seniorenbeirat und der Beirat für Integration und Migration sowie der Jugendrat der Stadt Koblenz beteiligt. Als für Koblenz umsetzbare Ideen ergaben sich in der Diskussion erstens die Integration digitaler Beteiligungsformate in die Beteiligungs- und Entscheidungsprozesse der Stadt.

Digitale Beteiligungsformen ergänzen die etablierten Formen der Beteiligung und ermöglichen Menschen, für die die Teilnahme an Anhörungen, Bürgerversammlungen wegen ihrer Arbeit, wegen Betreuung von kleinen Kindern oder pflegebedürftigen Familienangehörigen, eigenen Mobilitätseinschränkungen oder aus sonstigen Gründen nicht möglich wäre, die demokratische Teilhabe. Außerdem werden jüngere Menschen herangeführt, denn für „Digital Natives“ sind sie attraktiver als traditionelle Formate.

Zweiter Vorschlag war die Einführung eines gelosten Bürger:innenrats nach Vorbild des Frankfurter Demokratiekonvents. Bürger:innenräte können dem Ohnmachtsgefühl vieler Bürger:innen, die glauben, außerhalb von Wahlen nicht gehört zu werden, entgegen wirken. Sie ermöglichen die Teilnahme von Menschen aus Gruppen, die sonst nicht hinreichend beteiligt werden. Ein solcher einmal jährlich stattfindender Rat soll den politischen Entscheider:innen in Stadtrat und Verwaltung ein Stimmungsbild und Empfehlungen der Stadtbevölkerung als Entscheidungsgrundlage für einzelne wichtige, die Stadtbevölkerung besonders bewegende Themen zur Verfügung stellen. Die Beteiligten des Fachtags zur Erneuerung der Demokratie stehen für eine weitere Beratung zur Verfügung.


Auswirkungen auf den Klimaschutz:
Es gibt keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Klima. Allerdings wurden bei vergleichbaren Projekten in anderen Kommunen mithilfe digitaler Beteiligungsformen und auch mithilfe von Bürger:innenräten als hierfür passende Tools klimaschützende Maßnahmen vorangetrieben.

Beschluss: abgelehnt. Ja: 23, Nein: 24, Enthaltungen: 1