Haushaltsrede im Stadtrat am 15.12.2023

Sehr geehrte Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,

vor wenigen Wochen sah es ganz danach aus, als wären für einen ausgeglichenen Haushalt 2024 Steuererhöhungen unvermeidlich. Darauf wurden wir Ratsmitglieder und die Öffentlichkeit durch die Haushaltsrede des OB und einen Artikel in der Rheinzeitung bereits vorbereitet. Umso erfreulicher ist nun, dass wir heute einen ausgeglichenen Finanzhaushalt ohne Steuererhöhungen beschließen können. Zu verdanken haben wir dies der Landesregierung und insbesondere der grünen Integrationsministerin Katharina Binz. Das muss an dieser Stelle auch mal gesagt werden.

Das Land Rheinland-Pfalz gibt für 2024 nicht nur die beim Bund-Länder-Kompromiss ausgehandelte Flüchtlingspauschale in Höhe von 67,2 Mio € an die Kommunen weiter, sondern legt noch 200 Mio € aus Landesmitteln dazu. Für Koblenz bedeutet dies zusätzliche Mittel in Höhe von ca. 8 Mio. €, die uns ein positives Ergebnis im Finanzhaushalt von 658 T € bescheren.

Sicher kann man immer noch mehr finanzielle Unterstützung von Bund und Land fordern. Das Stichwort Konnexitätsprinzip wird vermutlich von Folgerednern erwähnt werden. Aber wir müssen uns als Rat und Verwaltung auch selbst fragen lassen, wie nachhaltig unsere Haushaltspolitik ist. Hierzu möchte ich 2 Bereiche nennen, bei denen wir die zukünftigen finanziellen Spielräume selbst beeinflussen können.

Vor 3 Jahren habe ich mich in den Beratungen zum Haushalt 2021 intensiv mit den Personalkosten befasst. Ich habe mir nicht nur Freunde damit gemacht, dass ich den Anstieg der Personalkosten von rund 25 Mio. € in den Haushaltsplänen von 2018 bis 2021 kritisierte, verbunden mit einem Stellenaufwuchs von 196 Stellen in nur 3 Jahren. Die Hälfte dieses Anstiegs war nach meinen Berechnungen nicht durch Tariferhöhungen, und auch nicht, wie mir von einigen entgegengehalten wurde, durch Brandschutz und Kindertagesstätten zu erklären. Für die Folgejahre bis 2024 war ein weiterer Anstieg auf hohem Niveau vorgesehen, der jedoch nun um 80 Stellen geringer ausfällt, als dies damals geplant war. Dies ist erfreulich, da die Verwaltung in den letzten 3 Jahren ein wirkungsvolles Personalkostencontrolling etabliert hat. Stellenmehrungen müssen nun sehr genau begründet werden.

Meine Damen und Herren,

80 Stellen weniger bedeuten mehr als 6 Mio € geringere Personalkosten, als dies mit dem ursprünglich geplanten Anstieg der Fall gewesen wäre. Der Haushaltsausgleich wäre bei ungebremstem Personalanstieg ohne Steuererhöhungen nicht erreicht worden. Ich behaupte jetzt einmal: ohne meine damalige Intervention wären wir an Steuererhöhungen nicht vorbeigekommen.

Fakt ist aber auch, dass die Personalkosten trotz eines 8%igen Vakanzfaktors mit über 138 Mio. € auf einem sehr hohen Niveau liegen und nicht durch die Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 122 Mio € gedeckt werden. Zum Vergleich: 2018 lagen die Personalkosten noch bei unter 100 Mio. €, woraus sich ein Anstieg von rund 40 % ergibt.

Ein zweites Thema, das mich im Hinblick auf eine nachhaltige Haushaltsführung mit Sorge betrachten lässt, sind die erheblichen Investitionen und die damit verbundenen zukünftigen Zinslasten. 2024 sind Investitionen in Höhe von rund 166 Mio € geplant, für die rund 70 Mio. €Fördermittel eingeplant sind. Über Investitionskredite sind somit rund 96 Mio. € zu finanzieren. Bis 2027 ist eine Verdreifachung der Zinslasten für Investitionskredite auf ca. 17 Mio. € eingeplant. Hinzu kommen noch die Tilgungslasten, die ebenfalls die zukünftigen Haushalte belasten werden und zukünftige Spielräume einengen.

Wir investieren viel in unsere Infrastruktur – das ist gut so. Die Brückenbauwerke haben zu Recht eine hohe Priorität, ihre Sanierung ist unvermeidbar. Bei Klimaschutzmaßnahmen darf nicht gespart werden, zumal wenn erhebliche Fördermittel fließen. Darüber hinaus sind aber eine Vielzahl von Investitionen geplant, die wir alle für sinnvoll und wichtig halten. Aber können wir uns die Gleichzeitigkeit so vieler investiven Maßnahmen noch weiterhin leisten? Wir regen daher an, das Thema der Prioritätensetzung und zeitlichen Streckung von Investitionen im Sinne einer nachhaltigen Haushaltspolitik intensiver in der Haushaltsstrukturkommission zu beraten. Ansonsten wird es immer schwieriger, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.

Nach diesen kritischen Anmerkungen komme ich zum positiven Teil meiner Haushaltsrede. Der Haushalt 2024 setzt deutliche grüne Schwerpunkte im Klimaschutz und beim Ausbau des Radverkehrs, was wir auch als dringend erforderlich ansehen.

2023 war das bisher wärmste Jahr seit Aufzeichnung der Wetterdaten. Das 1,5-Grad-Ziel ist kaum noch zu erreichen, wodurch sich das Zeitfenster für notwendige Maßnahmen zur Eindämmung einer weiteren Erwärmung immer mehr verkleinert. Vor diesem Hintergrund ist es erfreulich, dass die Umsetzung des Klimaschutzteilkonzeptes nun voll in Schwung gekommen ist. 2024 werden an zahlreichen öffentlichen Gebäuden der Stadt Photovoltaikanlagen installiert und damit sichtbar, dass Koblenz auf dem Weg zur Klimaneutralität vorankommt. Zudem werden LED-Beleuchtungen installiert und bestehende Heizungen optimiert. Insgesamt sind 2024 fast 7 Mio. € für Maßnahmen des Klimaschutzteilkonzeptes vorgesehen. Größere energetische Sanierungen erfolgen zudem beispielsweise im Rahmen der Generalsanierung des Theaters und weiterer Baumaßnahmen.

Zusätzlich hierzu wurden der Stadt durch das Kommunale Investitionsprogramm Klimaschutz (KIPKI) des Landes weitere fast 5 Mio. € im Rahmen einer 100 %- Förderung zur Verfügung gestellt. Damit wird u.a. ein klimafreundliches Nahwärmenetz für das Rathaus, eine PV-Anlage auf dem Hallenbad-Parkplatz und die von uns beantragten Mobilitätsstationen umgesetzt, mit denen eine bessere Vernetzung von Radverkehr und ÖPNV ermöglicht wird. Es wird oft von Bürokratieabbau gesprochen – die grüne Klimaschutzministerin Katrin Eder hat es vorgemacht. Die Kommunen können anhand einer Positivliste selbst entscheiden, welche Maßnahmen sie schnell umsetzen wollen und können. Das KIPKI sollte beispielgebend für andere Förderprogramme sein. Grüne zeigen, wie Bürokratieabbau geht.

Uns ist es zudem wichtig, unseren Wald klimaresilienter zu machen. Auch wenn es in diesem Jahr viel geregnet hat – der nächste Dürresommer wird kommen. Daher sollen Maßnahmen zum Wasserrückhalt im Wald umgesetzt werden, die den Oberflächenabfluss verringern und mehr Grundwasserneubildung ermöglichen sollen.

Koblenz ist noch keine Fahrradstadt –aber auf dem Weg dahin! Der Fahrradklimatest des ADFC zeigte, dass Koblenz mit Riesenschritten vorangeht, was man in der Stadt auch deutlich erkennen kann. Ich nenne nur die beiden Erfolgsprojekte Fahrradstraße und Fahrradparkhaus, die wir gegen Widerstände durchsetzen und beide in diesem Jahr einweihen konnten. Aber eine 4 minus im Fahrradklimatest zeigt, dass wir noch viel zu tun haben. 2024 geht daher mit rund 8 Mio. € der Ausbau des Radwegenetzes weiter. Ich nenne an dieser Stelle beispielhaft die Verlängerung des Radweges an der Mainzer Straße, den Ausbau der Beatusstraße, die Fuß/Radbrücke Goldgrube-Rauental, die Horchheimer Brücke und den Ausbau der Leinpfade in Kesselheim, Horchheim, Stolzenfels und an der Eisbreche. Zudem wird bei weiteren Baumaßnahmen die Situation für den Radverkehr deutlich verbessert, so beim Ausbau der Südallee und der Pfaffendorfer Brücke, wo wir vor Jahren einen getrennten Radweg durchsetzen konnten. Es tut sich also viel. Wir wollen, dass Koblenz sich in den Schulnoten des Fahrradklimatests weiter verbessert.

Stichwort Schulnoten.

Im aktuellen Pisa-Test hat Deutschland erschreckend schlecht abgeschnitten. Die Kommunen sind zwar nicht für die Bildungspolitik zuständig, sie können aber Rahmenbedingungen für mehr Chancengleichheit schaffen. Daher freuen wir uns, dass wir fraktionsübergreifend die Schulsozialarbeit deutlich stufenweise personell aufstocken konnten und ab dem Schuljahr 2024/25 mehr als 31 Vollzeitstellen für dieses niederschwellige Angebot bereitstehen. Wir sind zuversichtlich, dass mit dieser Erhöhung eine konkrete und direkte Unterstützung für unsere Kinder und Jugendlichen in den Schulen geschaffen wurde und alle auch dieses Angebot wahrnehmen können. Entgegenwirken müssen wir der Negativentwicklung bei den Bußgeldern für Schulverweigerer, bei denen die Stadt von einem drastischen Anstieg ausgeht, was wohl mit der Pandemie zusammenhängen dürfte. Dies zeigt einmal mehr deutlich, wie wichtig die Schulsozialarbeit ist, die hier sowohl präventiv als auch ganz konkret in dieser Situation unterstützend wirken kann.

Wir müssen auch große Anstrengungen in der frühkindlichen Bildung leisten, da dort die Grundlagen für bessere schulische Leistungen gelegt werden. Der Ausbau von Kita-Plätzen ist zudem in Anbetracht des Fachkräftemangels sehr wichtig, gleichwohl aber selbst davon betroffen. Gerade deswegen müssen wir hier auch neue attraktive Arbeitsplätze anbieten. Die Kita Horchheimer Höhe soll 2024 fertiggestellt werden, die größte Kita Goldgrube in 2025 bereitstehen. Bei der Kita Güls kann nun mit den Planungen begonnen werden. Bei all diesen Bauten wird eine Barrierefreiheit hergestellt, die der Inklusion entgegenkommt. Wir hoffen auf rasche Umsetzung. Endlich kommt es 2024 auch zur Anschaffung eines Bauwagens für die Waldkita, die wir schon seit Jahren fordern. Hoffen wir, dass nach der Aufstellung die Kita direktloslegen kann.

Die mobile Jugendarbeit in den Stadtteilen Rübenach, Neuendorf und Wallersheim soll Jugendlichen Perspektiven bieten und somit ebenfalls präventiv wirken. Leider verzögert sich der Bau des Jugendtreffs Neuendorf plus und soll erst 2025 beginnen, was wir sehr bedauern. Bis dahin muss das temporäre Angebot an Jugendarbeit dringend ausgebaut werden.

Die Klagen über fehlende Toiletten in Koblenz sind zahlreich. Umso mehr freuen wir uns, dass nun im nächsten Jahr eine Toilettenanlage vor dem Schloss gebaut wird, und damit unserem Antrag gefolgt wurde. Weitere Anlagen sind in den Folgejahren in Ehrenbreitstein und Lützel geplant.

Wichtig ist uns auch die Sanierung des Sportparks Oberwerth, die schon sehr lange auf sich warten lässt. Die im Haushalt eingestellten Mittel sehen wir als einen Anfang für die Schaffung einer Gesamtlösung für diese wichtige Sportstätte. Dabei geht es nicht mehr nur um eine Reparatur einzelner Anlagen, sondern um eine gesamtheitliche Optimierung und Attraktivitätssteigerung. Hierzu gehören auch die Verkehrslenkung und Optimierung der Besucherströme.

Zum Schluss meiner Haushalts-Rede möchte ich unsere Freude zum Ausdruck bringen, dass es in Kürze zum Neubau der Synagoge kommen kann. Bedanken möchten wir uns beim „Verein Neue Synagoge“ und der Jüdischen Kultusgemeinde, dass es gelungen ist, die Finanzierung dafür sicherzustellen. Gerade in dieser Zeit ist es enorm wichtig, dass wir gemeinsam ein deutliches Zeichen für das Miteinander der Religionen setzen. Es kann nicht oft genug gesagt werden: wir verurteilen jede Form von Antisemitismus!

Der Haushalt 2024 setzt die richtigen Schwerpunkte für eine zukunftsweisende Entwicklung der Stadt. Die Fraktion Bündnis90/DIE GRÜNEN wird der Vorlage zustimmen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.