Runder Tisch zur elektronischen Gesundheitskarte für Geflüchtete

Am 15. Oktober luden die Fraktionen von Bündnis 90 / Die GRÜNEN, Die Linke und der SPD weitere Vertreter*innen des Stadtrats wie auch freie Träger der sozialen Arbeit zum Fachgespräch über die elektronische Gesundheitskarte für Geflüchtete zu einem runden Tisch ins Rathaus Koblenz ein. Laura Martín Martorell, stellv. Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/ Die Grünen, erklärte eingangs: „Die elektronische Gesundheitskarte für Flüchtlinge liegt uns sehr am Herzen, deshalb haben wir in den letzten Jahren schon mehrmals einen Vorstoß in diese Richtung unternommen. Das bisherige Verfahren ist kompliziert, aufwendig und menschenunwürdig“.

Wird ein Geflüchteter, dessen Asylverfahren noch läuft, krank, muss er einen Behandlungsschein beim Sozialamt abholen, bevor er einen Hausarzt aufsuchen darf. Ist eine fachärztliche Untersuchung oder Behandlung erforderlich, bekommt er eine Überweisung. Diese bedarf der Genehmigung durch das Sozialamt, wohin er sie also bringen muss. In allen nicht offensichtlichen Fällen wird vor der Genehmigung ärztliche Expertise im Gesundheitsamt eingeholt. Erst nach dieser Stellungnahme kann die gestempelte Überweisung im Sozialamt abgeholt werden. Der Weg, der genommen werden muss, ist so langwierig, dass es passieren kann, dass die Genehmigung mit Quartalsende erlischt und neue Termine vereinbart und Genehmigungen eingeholt werden müssen.

„Das ist aus menschenrechtlicher Perspektive inakzeptabel, denn es verwehrt den Zugang zu notwendigen Maßnahmen der Gesundheitsfürsorge“, so Dr. Claudia Tamm, Gründerin der gemeinnützigen Initiative Medinetz Koblenz e.V. „Es ist außerdem kaum vorstellbar, dass dieses Vorgehen billiger sein soll, als die Geflüchteten mit elektronischen Gesundheitskarte gemäß dem Rahmenvertrag der Landesregierung auszustatten, und im Zweifelsfall bin ich dafür, lieber bei der Verwaltung als am Menschen zu sparen“.

Besonders dramatisch stellt sich die Situation für geflüchtete Jugendliche dar, da sie, um einen Behandlungsschein zu bekommen, zusätzlich auf dem Jugendamt vorsprechen müssen. „Ich habe erlebt, wie Jugendliche mehrere Nächte nicht schlafen konnten, weil sie vor Schmerzen weinen mussten“, erzählt Oliver Antpöhler von Die Linke. „Es kann doch nicht sein, dass ein Mensch tagelang Schmerzen erdulden muss, nur damit der Bürokratie Genüge getan wird und das mit den Möglichkeiten der heutigen Zeit“.

Laura Martín Martorell, wies darauf hin, dass der Leistungsumfang bei einer elektronischen Gesundheitskarte gleichbleiben würde – es ergibt sich aus dem Asylbewerberleistungsgesetz §§ 4 und 6. Sie fügte hinzu: „Der Landkreis Kusel mit einer vergleichbaren Zahl von betroffenen Geflüchteten (139 Betroffene, Koblenz 123) hat Zahlen vorgelegt: dort sind nach Einführung der elektronischen Gesundheitskarte die Behandlungskosten gesunken und die Verwaltungskosten ebenfalls, so dass es zu einer deutlichen Einsparung kam. Zudem ist, durch eine mit Lichtbild versehene elektronische Gesundheitskarte, die inzwischen kassenseitig jederzeit gesperrt werden kann, einem etwaigen und immer wieder befürchteten Missbrauch vorbeugt“.

Der runde Tisch sollte auch als Vorbereitung für den Sozialausschuss am 23. Oktober dienen, wo das Thema auf der Agenda stand. Laura Martín Martorell, stellvertretend für gesamte GRÜNE Fraktion, und die weiteren Mitantragstellenden, begrüßen die Entscheidung der Stadtverwaltung die Verhandlungen mit der zuständigen Krankenkasse BARMER im 1. Quartal 2020 aufzunehmen. Weiterhin, lobten sie die sehr konstruktive Diskussion mit Bürgermeisterin Frau Mohrs. Auf der Basis der Verhandlungsergebnisse wird in einem zukünftigen Treffen des Sozialausschusses über die Vorteile der eGK für die Verwaltung nochmal ausführlicher debattiert.

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