Haushaltsrede 2023

An dieser Stelle veröffentlichen wir die vollständige Rede unserer Fraktionsvorsitzenden Ulrike Bourry anlässlich der Beschlussfassung des Haushaltsplanentwurfs für das Jahr 2023.


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrter Stadtvorstand,

liebe Ratskolleginnen und -kollegen,

sehr geehrte Gäste,

wir erleben eine Zeit, in der sich Krise an Krise reiht. Nach der Corona-Krise folgte der verheerende Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der uns mit aller Deutlichkeit die Versäumnisse der Energiepolitik der letzten 16 Jahre aufzeigte, die „Merkel-Jahre“. Die dritte Krise, der menschengemachte Klimawandel, wurde dabei in den letzten Jahren allzu oft verharmlost. Die immer häufiger auftretenden Extremwetterereignisse machen uns das immer stärker bewusst. 

Klimaschutz

UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte vor einigen Wochen beim G20-Gipfel: „Wir sind gefährlich nah an Umschlagepunkten, ab denen das Klimachaos unumkehrbar werden könnte.“ Wenn die Erderwärmung über diese Grenze hinausgehe, so lehre die Wissenschaft, „stellt es eine existenzielle Bedrohung für alles Leben auf der Erde dar“, sagte Guterres.

Daher muss Klimaschutz für unser Handeln auch hier in Koblenz die oberste Priorität haben und in allen Bereichen mitbedacht werden. Aus diesem Grund stelle ich den Klimaschutz auch an den Anfang meiner diesjährigen Haushaltsrede. Wir bleiben hier unserer grünen Linie treu.

Vor 2 Jahren haben wir die Klimaschutzkommission eingerichtet, die eine große Zahl von Vorschlägen für die Umsetzung auf kommunaler Ebene gemacht hat. Hierfür möchte ich den Mitgliedern aus Wissenschaft, Verbänden und Politik ganz herzlich danken. Wir müssen aber auch dazu kommen, die Vorschläge der Kommission in konkretes Handeln umzusetzen, ohne, dass die Ideen in der Verwaltung versickern. „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“. Daher haben wir zusätzliches Geld 50.000 € – für die Umsetzung dieser Vorschläge in den Haushalt eingebracht.

Ein konkreter Vorschlag der Kommission war beispielsweise ein Nahwärmekonzept für das Koblenzer Industriegebiet, für das wir zunächst 100.000 € im Haushalt bereitgestellt haben. Das von der Landesregierung beschlossene Kommunale Investitionsprogramm Klimaschutz (KIPKI) bietet uns die Möglichkeit zur Umsetzung dieser sowie weiterer Klimaschutzmaßnahmen. Hierfür stehen 250 Mio. Euro in 2023 und 2024 zur Verfügung.  Mein Dank gilt der Landesregierung für dieses Programm, das die unbürokratische Förderung von Klimaschutzmaßnahmen anhand einer Positivliste ermöglicht.

Wir sollten uns in den kommenden Monaten gemeinsam Gedanken machen, mit welchen zukunftsweisenden Klimaschutzmaßnahmen und Leuchtturmprojekten wir eine Vorreiterrolle im Klimaschutz übernehmen können. Ein Pilotprojekt könnte beispielsweise die Entnahme von Wärme aus der in Sommermonaten stark überhitzten Mosel – für das Hallenbad –  sein. Wir begrüßen, dass das Energiekonzept des Hallenbades inzwischen auf eine stärkere Nutzung erneuerbarer Energien umgestellt wurde. Die weitere Nutzung der Moselwärme, wäre eine sinnvolle Ergänzung und hätte Modellcharakter. Hierzu werden wir Anfang 2023 einen Antrag einbringen.

Klimaschutzteilkonzept

Wir begrüßen, dass die Umsetzung des im Mai letzten Jahres beschlossenen Klimaschutzteilkonzeptes nun auch – nach unserem Druck – einen höheren Stellenwert in der Verwaltung erhalten hat. Das Konzept sieht die Umsetzung von 220 Klimaschutzmaßnahmen an städtischen Liegenschaften – bis spätestens 2024 – vor und sollte eine Halbierung der Treibhausgasemissionen aus diesem Bereich ermöglichen. Als Stadt, sollten wir „eigentlich“ mit gutem Beispiel vorangehen. Im laufenden Jahr mussten wir jedoch leider feststellen, dass wenig umgesetzt worden ist.  Diese schleppende Umsetzung kritisieren wir! Klimaschutz, Herr Oberbürgermeister, muss auch in der Verwaltung endlich höchste Priorität erhalten. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die personelle Stärkung im Bereich Klimaschutz. Hoffen wir, dass die Umsetzung so besser gelingt. Es ist Ihr Bereich, Herr Oberbürgermeister, Sie müssen dafür Sorge tragen, dass es funktioniert.

Von den im Haushalt 2022 angesetzten 1,5 Mio. Euro für Photovoltaikanlagen wurden nur 30.000 Euro verausgabt. Im Haushalt 2023 ist doppelt so viel Geld für Photovoltaikanlagen vorgesehen und mit einem Zeitplan versehen. Hoffen wir, dass Taten folgen. Wir werden sehr aufmerksam darauf achten, dass diese Projekte auch umgesetzt werden.

Für die LED-Beleuchtung an städtischen Gebäuden sind 1,7 Mio., für den aus Energiespargründen wichtigen hydraulischen Abgleich der Heizungsanlagen weitere 1 Mio. vorgesehen.

Auf das Zentrale Gebäudemanagement (ZGM) kommt bei der Umsetzung des Klimaschutzteilkonzeptes eine besondere Verantwortung zu. Wir haben daher in den Haushaltsberatungen eine Priorisierung der vielen Projekte des ZGM eingefordert. Es ist klar, dass Klimaschutzmaßnahmen für uns höchste Priorität besitzen.

Schulen

Erfreulich für alle sind sicherlich die zahlreichen Maßnahmen im Bereich energetische Sanierung von Schulen, Sanierung von Schulhöfen und sanitären Anlagen – über 10 Millionen sind hier im Rahmen des Kommunalen Investitionsprogramms 3.0 veranschlagt.

Millionenbeträge stehen für die Neubauten der Grundschulen Pestalozzi und Freiherr vom Stein und die Schulerweiterung der Goethe RS+Schule bereit. Auch die Ausstattung der Schulen im Rahmen der Digitalisierung und der personelle Ausbau des Schulnetzes bildet einen Schwerpunkt des Haushaltes.

Das alles kostet viel Geld. In Bildung investiertes Geld zahlt sich aber immer aus!

Bei der Weiterentwicklung unsere Schullandschaft freuen wir uns deshalb, dass fraktionsübergreifend 20.000 Euro für eine Machbarkeitsstudie „Sporthalle Berufsbildende Schulen“ in den Haushalt eingestellt wurden. Wir hatten dies schon im Schulträgerausschuss thematisiert, da z. B. die Julius-Wegeler Schule auf der Karthause dringenden Bedarf an mehr Sportstunden hat.

Wenn der Bedarf nachgewiesen wird – woran wir nicht zweifeln – sollte dem Bau einer energetisch optimierten Halle nichts im Wege stehen.

Ein weiterer Schwerpunkt bildet die Sanierungen und der Neubau von Kindertagesstätten. Wir stehen zu den Millionenbeträgen für die Sanierung und den Neubau von Kitas, letztendlich geht es auch um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Neben der Förderung von investiven Maßnahmen in Schulen und Kitas möchten wir an dieser Stelle den zweistufigen Ausbau der Schulsozialarbeit im vorliegenden Haushalt hervorheben. Auch hier investieren wir gutes Geld in die nachfolgende Generation! Schulschließungen, Wechselunterricht, Homeschooling, Abstand und Maske haben bei vielen jungen Menschen tiefe Spuren hinterlassen. Psychische Schwierigkeiten haben zugenommen, dagegen hat das soziale Lernen abgenommen. Hier können wir – durch den Ausbau der Schulsozialarbeit – entgegenwirken, bzw. den jungen Menschen die dringend notwendige Unterstützung bieten.

Jugend

Bleiben wir bei der Jugend.

Leider mussten wir in der Vergangenheit öfters feststellen, dass allzu schnell Bolzplätze, „gerne“ als Lagerflächen bei Bauvorhaben verwendet werden. Diese fallen dann oft temporär weg, bei der Pfaffendorfer Brücke sind das aber viele Jahre, eine halbe Kindheit. Hier muss die Politik in Zukunft gut einen Blick draufhaben. Bolzplätze sind keine „kann-dann-mal-weg-Plätze“!

Das sind wir unserer Jugend schuldig.

Der Jugendrat leistet hervorragende Arbeit. Die jungen Menschen sind interessiert, engagiert, sitzen in Ausschüssen und in Jugendratssitzungen, immer das klare Ziel vor Augen: ihre Stadt auch für Kinder und Jugendliche attraktiv zu machen. Von daher fordern wir, dass endlich eine Regelung für die Aufwandsentschädigung der Mitglieder des Jugendrates beschlossen wird. Es ist UNSER Nachwuchs!

Sport und Kultur

Kommen wir zu den Bereichen Sport und Kultur. Hier ist viel ehrenamtliches Engagement sichtbar und die Bereiche haben noch schwer mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu kämpfen: Einnahmerückgänge und Mitgliederverluste lassen sich nicht über Nacht kompensieren.

Wir begrüßen deshalb, dass die große Mehrheit des Stadtrates weiterhin unsere kulturellen und sozialen Einrichtungen und den Sport stärken will, damit gesellschaftliches Leben in unserer Stadt eine gute Zukunft hat!

Die Kernsanierung des Stadttheaters unterstützen wir deshalb und wollen auch die vielfältige freie Szene in Koblenz erhalten.

Deshalb begrüßen wir es, dass wir – fraktionsübergreifend – den Zuschuss für die KUFA erhöhen konnten. Gut, dass wir die Arbeit dort wertschätzen und dies im Haushalt 23 sichtbar gemacht haben.

Haushaltskonsolidierung

Vor zwei Jahren haben wir in den Beratungen zum Haushalt 2021 ein Controlling der Personalkosten gefordert, nachdem die Planungen damals einen stetigen Zuwachs des Personals und der damit verbundenen Kosten vorsahen. Wir haben uns damals nicht gegen zwingend erforderliche Stellen gewandt, sondern den Automatismus der Stellenmehrung kritisiert. Ein Personalkostencontrolling wurde zwischenzeitlich von der Verwaltung erfolgreich eingeführt und trägt nun Früchte. Gegenüber der damaligen Planung ist eine Reduzierung um 47 Stellen festzustellen, was geringere Personalkosten von geschätzt 3 Mio. € bedeutet. Damit wurde ein wesentlicher Beitrag zum ausgeglichenen Haushalt geleistet.

Ein ausgeglichener Haushalt, der auch die sog. Freiwilligen Leistungen – ohne die unsere Gesellschaft ärmer wäre – für 2023 sichert und neue Kürzungsrunden mit der ADD verhindert, ist von der Verwaltung für 2023 vorgelegt worden. Das erkennen wir an und sagen allen Beteiligten ein herzliches Dankesschön. Der Rat insgesamt hat sich bei den Beratungen dann auch verantwortungsvoll verhalten und keine unmäßigen Forderungen gestellt.

Integration und Flucht

In 2022 haben wir in Deutschland mehr geflüchtete Menschen aufgenommen als 2015, die Mehrheit aus der Ukraine aber auch viele Menschen aus Syrien, Eritrea und Afghanistan. Der Bund hat schnell reagiert und den Ländern in diesem Jahr rund 1,5 Milliarden Euro zusätzlich für die Unterbringung von Geflüchteten zugesagt. Nach Rheinland-Pfalz fließen rund 72 Millionen Euro. Die Weiterleitung eines Großteils der Bundesmittel an die Kommunen ist sinnvoll und zielführend. Das Gelingen von Integrationsprozessen hängt im Wesentlichen davon ab, wie die Voraussetzungen vor Ort ausgestaltet sind. Deswegen freut es uns sehr, dass die Stadt hier auch tätig ist und diese sogar ausbaut: FUNK, FUNK Azubi, Fair, GeKos. Um einige Projekte zu nennen.

Auch die Solidarität und die große Hilfsbereitschaft von Koblenzer:innen, lässt ein gutes Ankommen, eine gute Betreuung und Unterbringung von Geflüchteten ermöglichen. Dafür möchten wir uns bei all diesen Menschen herzlichst bedanken.

Soziales

Mit Sorge sehen wir steigende Energiekosten, höhere Abschläge für Strom und Gas auf uns alle zukommen.

Es ist eine sozialpolitische Aufgabe, hier niemanden allein zu lassen. Kein Mensch sollte die Wohnung verlieren, weil die Energiekosten nicht mehr bezahlbar sind!

Wir wissen, dass die Verwaltung hier schon viele Maßnahmen in die Wege geleitet hat, – wir appellieren auch an unsere Wohnungsbaugesellschaft und die evm, sozialpolitische Verantwortung zu zeigen.

Sehr geehrte Frau Mohrs, bitte bleiben Sie im Gespräch mit den Sozialverbänden, um hier bei Bedarf rechtzeitig reagieren zu können.

Pfaffendorfer Brücke

Der Neubau der Pfaffendorfer Brücke bildet einen Schwerpunkt im Haushalt, auch für die kommenden Jahre. Gut, dass der Neubau mit eigenen Radwegen kommt, um die Verbindung der rechtsrheinischen mit den linksrheinischen Stadtteilen für Fuß- und Radverkehr endlich zu verbessern.

Auch wir fordern, dass sich das Land an den gestiegenen Kosten für die Pfaffendorfer Brücke beteiligt!

Radverkehr

Die Verwaltung hat bei der Anlage, dem Bau sowie der Umsetzung von Radwegen enorm an Tempo zugelegt. Das wird auch von den Bürger:innen positiv wahrgenommen. Dieser stetige Ausbau bringt uns in der Verkehrswende weiter voran.  Ein herzliches Dankeschön an alle Beteiligten.

Lassen Sie mich beim Ausbau des Radverkehrs den Umbau der Casinostraße zur Fahrradstraße hervorheben, der auf unseren Antrag zurückzuführen ist, oder die Mittel, die für die Radwege Mainzer Straße, Beatusstraße und den Ausbau der Südallee – allein hier über die Jahre 7,5 Millionen Euro – im Haushalt stehen.

Auch das Fahrradparkhaus am Bahnhof ist im Haushalt 23 enthalten.

Dass hierfür die ehemalige Post- und Postbankfiliale genutzt werden soll, hatten wir vor einigen Monaten im Rahmen einer kleinen Anfrage angeregt. Die Verwaltung hat hier aktiv gehandelt. Endlich kommen wir an dieser Stelle im Interesse der Förderung des Radverkehrs weiter.

Hinzu kommen die Maßnahmen des Radentscheids. Hier danken wir der Initiative nochmals, aber eben auch der Verwaltung, die diese konstruktiv aufgenommen hat.

Auch die Fußgänger- und Radwegebrücke Goldgrube/Rauental ist im Haushalt enthalten – Gesamtkosten hier über 3,5 Mio.

Wir brauchen diese Brücke, um den Bahnhaltepunkt Verwaltungszentrum zu realisieren, der ebenfalls einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann.

Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein

Zu guter Letzt war es in dieser Woche, kurz vor Weihnachten, eine gute Nachricht, dass im Gemeinschaftsklinikum das Weihnachtsgeld komplett ausgezahlt wurde – wir freuen uns darüber.

Gleichwohl wissen wir, dass noch schwierige Entscheidungen zur Zukunft des Gemeinschaftsklinikums auf uns zukommen – wir beschäftigen uns ständig damit, heute und auch wieder am Montag.

Bleiben wir parteiübergreifend sachlich und versuchen gemeinsam das Beste für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erreichen.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

liebe Ratskollegi:nnen, liebe Gäste,

der Haushaltsentwurf 2023 enthält vieles, was wir unterstützen können bzw. selbst beantragt haben.

Wir sehen mehr Sonnenschein als Schatten.

Wir, die Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, stimmen dem Haushaltsentwurf 2023 zu!

Ulrike Bourry, Fraktionsvorsitzende, für die Grüne Stadtratsfraktion Koblenz